BWI-Rechtstipp über Messekäufe

Über Kaufrausch und die eventuelle Kaufreue danach

So mancher Euro, der auf der infa ausgegeben wird, geht im Kaufrausch über den Verkaufstresen und wird später bereut. Dann stellt sich schnell die Frage, ob man den Kauf widerrufen kann oder irgendwie aus dem Vertrag kommt. Wenn Verbraucher:innen außerhalb des Geschäftsraums des Verkäufers oder der Verkäuferin einen Vertrag abschließen, steht ihnen grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Aber sind Messestände, auf denen gekauft wird, nun Geschäftsräume oder nicht? Hier sind wie immer die Umstände des Einzelfalls zu betrachten. Tatsächliche Knackpunkte sind die juristische Beurteilung eines Geschäftsraums und die Umstände im Einzelfall. Abzustellen ist hier auf die Wahrnehmung des Durchschnittverbrauchers vom konkreten Erscheinungsbild des Messestands (EuGH, Urteil vom 07. August 2018; Az.: C-485/17). Bei einer klassischen Verkaufsmesse besteht ein Widerrufsrecht regelmäßig nicht, weil ein Angebot zum Kauf hier keine Überrumpelung des Verbrauchers darstellt. Eine Ausnahme gilt nur bei reinen Informations- oder Werbeständen, so der BGH (Urteil vom 10. April 2019; Az.: VIII ZR 82/17). Kaufen Sie auf der infa, wenn Sie unmittelbar vor Vertragsschluss außerhalb des Geschäftsraums angesprochen wurden, zum Stand geführt und der Vertrag dann am Stand abgeschlossen wird, greift ebenfalls das Recht auf Widerruf (§ 312b Nr. 3 BGB).

Anfechtung, Stornierung und Widerruf

Wenn Sie beim Kauf eine Ratenzahlung vereinbart haben, bei der für das Hinausschieben des Zahlungsziels Kosten anfallen, kann der Kaufvertrag grundsätzlich widerrufen (§§ 491, 495, 355 BGB.) werden. Wenn ein Widerrufsrecht nicht besteht, sollte man prüfen, ob die Möglichkeit der Vertragsanfechtung besteht. Anfechtungsgründe können Wucher oder eine arglistige Täuschung sein. Dazu muss man allerdings nachweisen, dass man von dem Anbieter auf der Messe vorsätzlich mit Falschinformationen zum Vertragsschluss verleitet wurde oder die Ware weit überteuert und mindestens 100 Prozent über dem üblichen Marktpreis liegt. Auch muss eine Notsituation ausgenutzt worden sein, wie es zum Beispiel bei einigen unseriösen Schlüsselnotdiensten der Fall sein kann. In vielen Fällen wird es allerdings unmöglich sein, diesen Beweis zu erbringen.

Manche Händler:innen sehen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Stornierungsmöglichkeiten vor. Sieht eine solche AGB-Klausel aber vor, dass die Stornierungskosten 35 bis 40 Prozent des Kaufpreises übersteigen, sind solche Klauseln unwirksam.

Wie kann man sich absichern?

Die Kaufverträge, die auf Messeständen abgeschlossen werden, sind standardisiert, lassen aber auch Raum für individuelle Vereinbarungen. Lassen Sie sich im Kaufvertrag schriftlich ein 14-tägiges kostenloses Rücktrittsrecht zusichern! Stellen Sie dabei sicher, dass Ihnen die Kontaktdaten des Verkäufers oder der Verkäuferin bekannt sind. Sie müssen nämlich im Falle eines Rechtstreits beweisen, dass der Widerruf dem Verkäufer / der Verkäuferin auch zugegangen ist.

INFORMATIONEN

Andreas Tietgen, Rechtsanwalt
Lister Meile 26, 30161 Hannover, Tel. 0511 / 53 400 451, Mobil 0172 – 184 51 49, tietgen@anwalt-hannover.eu